Der Sommer wird zur Herausforderung
Früher war der Almauftrieb ein festes Ritual – heute ist er vielerorts ein Wagnis. Die Winter bringen zu wenig Schnee, die Sommer zu wenig Regen. Immer mehr Bergbauern im bayerisch-österreichischen Alpenraum sind deshalb von akutem Wassermangel auf den Almen bedroht. Quellen versiegen, Brunnen führen kaum noch Wasser. Auf manchen Almen können Tränken nicht mehr betrieben werden. Das hat zur Folge, dass das Vieh oft nicht wie geplant aufgetrieben werden kann und die Bauern viel Flexibilität beweisen müssen.
Wenn das Futter im Tal knapp wird
Fehlt das Wasser auf der Alm, muss es entweder mühsam mit Tanks hochgebracht werden oder die Jungtiere müssen länger als vorgesehen im Tal versorgt werden. Letzteres erhöht aber die benötigte Futtermenge und geerntetes Gras, das als Winterreserve vorgesehen war, muss schon jetzt verfüttert werden. Es kann zu Futter-Engpässe kommen, welche Zukäufe im Winter nötig machen – oder in letzter Instanz der Verkauf einzelner Tiere. Ein Wassermangel auf den Almen bedroht daher nicht nur das jeweilige Berggebiet, er kann auch konkrete, teils erhebliche finanzielle Folgen für bäuerliche Familienbetriebe haben.
Wetterextreme statt Bergidylle
Auch das Wetter wird zunehmend unberechenbarer: Ein früher Schneeeinbruch im letzten September schnitt Bauer Rieke beispielsweise tagelang von seiner Alm ab, während der dortige Senner eingeschlossen war. Bei Bauer Schreyer riss eine Lawine einen Teil seiner Schafsherde in den Tod. „So etwas gab es früher mal alle zehn Jahre – jetzt ist fast jedes Jahr etwas“, meint Schreyer. Ein völliger Schutz vor solchen und ähnlichen Vorkommnissen ist vermutlich nicht möglich, dennoch gilt es stärker denn je, sich den Gegebenheiten anzupassen und nützliche Vorkehrungen zu treffen.
Neue Wege braucht das Land
Einige reagieren mit technischen Lösungen wie größeren Regenwassertanks, flexiblen Stallzeiten oder digitalen Wetterwarnsystemen. Aber auch der Ausbau klimafreundlicher Maßnahmen trägt indirekt zum Schutz bei. Speziell in der Landwirtschaft kann das zum Beispiel eine Anpassung der Anbauverfahren mit Mischkulturen sein, eine verbesserte Nutzung von Wasser etwa durch die Umstellung auf Tröpfchenbewässerung und natürlich der Einsatz erneuerbarer Energien. Doch nicht jede Lösung kann überall angewendet werden und nicht jeder Hof kann sie sich leisten. Klar ist: Der fortschreitende Klimawandel fordert besonders auch die Almbauern heraus und stellt die Zukunft der Almwirtschaft vor Aufgaben, die mehr sind als nur Wetterfragen. Um diese einzigartige Kulturlandschaft und die jahrhundertealte Tradition der Senner und Bergbauern zu bewahren und die Auswirkungen durch den Klimawandel zu reduzieren, sind wir alle gefragt: Jeder einzelne kann dazu beitragen, indem man seine Konsumgewohnheiten ändert, Energie spart und sich für eine nachhaltigere Lebensweise entscheidet.